Freitag, 29. Juli 2016

Das Spiel ist rund und der Ball dauert 90 Minuten. Worauf es im Fußball ankommt.

 Wir schreiben das Jahr 2016. Es steht wieder einmal ein großes Turnier vor der Tür: Die Europameisterschaft in Frankreich. Grund genug für zahlreiche Mitbürger unserer schönen Bundesrepublik in „überzeugtes Fantum“ auszubrechen und qualifizierte Expertenmeinungen kundzutun. Ebenso Grund für zahlrieche Fernsehanstalten die Übertragung der Spiele ins schier unendliche aufzublähen und mit „humorvollen“ Berichten, Beiträgen und Schalten für „Unterhaltung“ zu sorgen. Schließlich interessiert sich ja das ganze Land für Fußball, die MANNSCHAFT und die EM.
Ich persönlich bin spätestens seit dem WM-Finale 2002 Fußballfan. Nach dem Abpfiff, der gleichzeitig die Niederlage der deutschen Nationalmannschaft besiegelte, war ich dermaßen angefressen, dass ich eine Stunde lang nichts sagen wollte und schließlich im Garten mit einem Plastikball gespielt habe. Zumindest habe ich es versucht. Schließlich hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt mit Fußball nicht viel am Hut. Die Jahre strichen ins Land und der Fußball zog mich immer mehr in seinen Bann.
Fußballerisch bin ich also zu einer Zeit aufgewachsen in der Spieler aktiv waren wie: David Beckham, Alessandro Nesta, Paolo Maldini, Thierry Henry, Ruud van Nistelrooy, Zinedine Zidane, Rio Ferdinand, Roberto Carlos, Ryan Giggs, Kaka, Ronaldinho, Luis Figo, Steven Gerrard oder Ronaldo. Sowohl der original Ronaldo aus Brasilien als auch die portugiesische Maschine, die grade erst ihre einmalige Karriere startete. Ich könnte diese Liste noch endlos fortführen. Mit anderen Worten: Damals war richtig krasser Scheiß unterwegs. So krass, dass ich allein beim Gedanken an diese Zeiten leuchtende Augen bekomme. All diese Spieler waren Typen, die auf und neben dem Platz zu überzeugen wussten.
In der Zeit vom Anfang der 2000er Jahre bis heute haben sich der Fußball wie auch die Gesellschaft verändert und entwickelt. Alles ist schneller, moderner, professioneller, schnelllebiger. Viele der Stars von damals sind inzwischen abgetreten und in der Anonymität untergegangen, wenige werden noch von den jungen Fans verehrt und nur ein Trio ist noch auf hohem Niveau aktiv: Iker Casillas, Francesco Totti und Gianluigi „Gigi“ Buffon.
Heutzutage spielt die Analyse eine wichtige Rolle. Über allesmögliche wird Statistik geführt: Ballbesitz, gewonnene Zweikämpfe, Passquote, abgegebene Torschüsse etc. Das Training wird mittlerweile von moderner Software begleitet. All diese Dinge sind mit Sicherheit und ohne Frage hilfreich für die Vor- und Nachbereitung eines Spieles.
In der Regel werden die aus der Analyse abgeleiteten Erwartungen an das jeweilige Spiel erfüllt. Der Favorit gewinnt das Spiel souverän, hat mehr Ballbesitz, eine überragende Passquote und hat wesentlich mehr Kilometer in 90 Minuten zurückgelegt. Bla bla.
Doch hin und wieder verlaufen Spiele anders, als es erwartet wurde. Das statistisch Überlegene Team verliert gegen den Underdog. In solchen Fällen rotieren Experten, Analysten und Statistiker vor Verwunderung. Solche Spiele führen uns eindrucksvoll vor Augen, worauf es im Fußball tatsächlich ankommt. Trotz all der Entwicklungen und Professionalisierung ist und bleibt der Fußball im Grunde seiner Natur ein einfaches Spiel. Ein Spiel, in dem das Team gewinnt, das nach 90 Minuten mehr Tore erzielt hat. Ein Spiel, in dem du Typen brauchst, die mit Herz und Leidenschaft dabei sind, bis zur letzten Minuten kämpfen und ggf. auch mal das entscheidende Tor schießen. Die meisten Spieler, die heute aktiv sind, sind dazu - nach meiner Ansicht - eher selten in der Lage.

 Am Ende des Tages spielen Dinge wie Laufleistung, Passquote, Ballbesitz, eine akademische Ausbildung und sonstige Überlegungen rund um das Spiel eine eher untergeordnete Rolle für den Spielverlauf. Denn – und damit möchte ich schließen – „entscheidend is auf‘m Platz“ (Alfred Preißler).