Donnerstag, 23. Juni 2016

Alle Jahre wieder grüßt das Murmeltier

Es war einmal in einem unbekannten Land, vor gar nicht allzu langer Zeit, da ist etwas geschehen, von dem ich euch gerne berichten möchte. Vor wenigen Jahren war die Newcomer-Band „Die Sieben Zwerge“ recht erfolgreich und hatte schon ein paar Preise gewonnen. Um den Kopf frei zu kriegen und dem Trubel in der Heimat zu entgehen, beschlossen Zlatko und die beiden anderen Bandmitglieder Schorsch und Schnabel einen Betriebsausflug am Atlantik zu machen. Neben Entspannung und Erholung erhofften sich die drei Musiker Inspiration für ein neues Album. Im Idealfall. Wer selbst schon an einem Betriebsausflug teilgenommen hat, der weiß wie wahrscheinlich es ist, in dieser Zeit produktiv zu arbeiten. Der Ausflug, den sie selbstverständlich über ein Internetportal gebucht hatten, führte sie ins portugiesische Vagos. Nicht schön, aber wenigstens günstig und am Atlantik.
Wenige Tage später war es dann soweit. Zlatko, Schorsch und Schnabel packten ihre Sachen und machten sich mit dem Bus der Band auf den Weg. Nach einer Anreise von zwei, drei Tagen und jeder Menge Alkohol kamen die drei „Sieben Zwerge“ am Hotel an, checkten ein und nutzen nach einem kleinen Nickerchen den Rest des Tages für einen Trip zum Strand. Kaum dort angekommen, nahm das Übel seinen Lauf.
Denn während ihres Aufenthaltes am Strand machte Schorsch einen unverhofften Fund. Unter einem der vielen Gesteinsbrocken, die am Strand lagen, fand er einen kleinen Ring. Der Ring war nicht sonderlich hübsch. Er war klein und verrostet. Und obwohl dieser Ring nicht besonders auffällig war, hatte er doch etwas Eigenartiges an sich. So als habe er einst eine wichtige Bedeutung gehabt. All das nahm Schorsch wahr, als er den Ring fand. Allerdings konnte er diese Informationen aufgrund einer starken Übermüdung und genügend Restalkohol im Blut nicht sinnvoll weiterverarbeiten. Aber irgendetwas sagte ihm, dass er den Ring vorsichtshalber einstecken solle. Er tat es.
Nachdem die „Sieben Zwerge“ sich von den Reisestrapazen erholt hatten, ausgeschlafen und halbwegs ausgenüchtert waren, hatte Schorsch endlich Gelegenheit sich mit dem merkwürdigen Fundstück zu beschäftigen. Er erzählte Zlatko und Schnabel von der Angelegenheit. Auch sie spürten, dass der Ring etwas Faszinierendes an sich hatte. Allerdings maßen sie diesem Umstand keine große Bedeutung bei. Die drei ließen es also auf sich beruhen. Schorsch steckte den Ring an. An diesem Tag geschah nichts mehr.
Am nächsten Morgen war Bandprobe. Der Ausflug sollte schließlich im Idealfall durch ein neues Album gekrönt werden. Bei diesem gemeinsamen Musizieren geschah etwas Erstaunliches. Schorsch, der sonst nie eine Songidee einbrachte, hatte plötzlich Eingebungen, die sogar so gut war, dass sie sicher zum Hit werden würden. Verwunderung und Erstaunen über dieses Wunder wurden begleitet von der Freude über den künftigen Hit. Auch bei den nächsten Proben hatte Schorsch wieder einige geniale Ideen. Erst als Schorsch den Ring einmal nicht angelegt hatte, blieben die Ideen wie gewohnt aus. Etwas beunruhigt beschlossen die drei Freunde, Informationen über den Ring herauszufinden. Über die erste Recherche mit dem Smartphone und Wikipedia, Google und Co. Wurden sie schnell zu einem Einheimischen geführt. Dem ältesten des Dorfes. Ein weiser Mann, der bestens mit der Geschichte und den Mythen der Region vertraut war. Die „Sieben Zwerge“ gingen zu ihm und fragten ihn nach dem Ring und berichteten ihm von den letzten Bandproben. Hocherfreut über seinen Besuch erklärte der Dorfälteste den Musikern, was es mit dem Schmuckstück auf sich hatte. Schorsch hatte nämlich einen magischen Ring gefunden, der seinem Träger die Kraft verleiht Songs zu schreiben, die die Welt bewegen und weltweite Hits werden. Allerdings, so berichtete der alte Mann der Gruppe, fordere der Ring auch eine Gegenleistung. Mit jedem Song, der geschrieben wird, wird die Welt ein Stück mehr ins Verderben gestürzt. Um das Unheil abzuwenden müsse der Ring vernichtet und eingeschmolzen werden. Andernfalls wäre die Menschheit zwangsläufig dem Untergang geweiht.
Die Stimmung war angespannt und ernst. Die Verantwortung, die auf den Schultern von Zlatko, Schorsch und Schnabel war förmlich zu spüren. Etwas überfordert und angefüllt mit vielen neuen Informationen fuhren sie wieder zum Hotel. Dort berieten sie sich, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollten. Sie tendierten dazu, den Ring zu behalten und nun endgültig durchzustarten.
Während sie nun einen Hit nach dem anderen produzierten, wurden die Meldungen in den Nachrichten zunehmend bedrohlicher und besorgniserregender. Die drei kümmerte dies nicht weiter. Wen kümmern schon die Nachrichten. Schließlich waren sie nun Rockstars. Eines Tages jedoch, bei einem Kreativ-Meeting mit anschließendem „Herr der Ringe-Marathon“ bei dem viel Gras vernichtet wurde, kam Schnabel die entscheidende Erkenntnis: Wenn die Welt untergeht, ist es sinnlos einen Hit nach dem anderen zu schreiben. Wenn die Welt untergeht, dann gibt es keine Fans mehr. Beflügelt von dieser Erkenntnis überzeugte er seine beiden Kollegen davon, dass es besser wäre, den Ring einschmelzen zu lassen und von nun an wieder Hits aus eigener Kraft zu schreiben.
Und so machten sich die „Sieben Zwerge“ ein zweites Mal auf den Weg nach Vagos. Dort suchten sie die örtliche Goldschmiede auf und ließen das magische Kleinod vernichten. Von ihrer Verantwortung befreit reisten Zlatko, Schorsch und Schnabel wieder zurück in ihre Heimat Berlin, wo sie ihre Songs wieder selbst schrieben und tatsächlich doch noch den einen oder anderen Hit landeten. So hat sich letztlich dann doch alles zum Besten gewendet.
Und die Moral von der Geschicht: Wenn Männer magische Ringe tragen, hat das selten gute Konsequenzen.


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