Mittwoch, 12. April 2017

Früher war mehr Lametta

Grade in vermeintlich modernen Zeiten wie diesen hört man immer wieder - meist von Vertretern der guten alten Zeit und Anhängern der alten Schule: "Früher war alles besser oder einfach nur mehr Lametta. Je nach dem. Aber stimmt das wirklich ? War früher wirklich alles voller Lametta und viel besser ? Nun, zumindest war früher vieles einfacher. Aus Mangel an Möglichkeiten, Varianten und Alternativen. Heutzutage jedoch haben wir die Qual der Wahl. Gestern noch war man froh, wenn überhaupt eine Glotze, ein Telefon, ein Auto oder sonstigen Kram - den es heute natürlich im Überfluss gibt - hatte. Heute müssen sich die Kids Morgen für Morgen entscheiden welches der immer moderner werdenden Smartphones zur Handtasche, zu den Klamotten bzw zum Make-Up passt. Bevor die Frage auftaucht. Ja, das gilt auch für Jungs. Der moderne Student steht regelmäßig vor dem Problem welches technische Gerät er zur Vorlesung mitnehmen soll. Tablet ? Netbook ? Laptop ? Wie wär's mit nem altmodischen Block ? Neben der Technologie hat sich auch der Schulalltag verändert. Früher gab es in den Klassen eine klare Hierarchie. Der Lehrer hatte das Sagen, die Schüler hatten darauf zu hören. Ende im Gelände. Schicht im Schacht. Bumms aus Nikolaus. Diese Hierarchie hat sich in der Zwischenzeit stark verändert. Nun tanzen die Schüler den Lehrern auf der Nase herum; mit Rückendeckung der Eltern, die regelmäßig mit Anklagen drohen. Natürlich nur zum Wohle der Kinder. Oder war's aus eigener Geltungssucht. Ich komme da immer durcheinander. Diese Veränderungen führen meiner Kenntnis nach dazu, dass die Kids während Schulzeit bei Subway hocken, anstatt in der Schule etwas zu "lernen". Obwohl. Muss ja nicht das Schlechteste sein. Immerhin ist Subway ein Laden bei dem man erst was zu essen bekommt, wenn man mehr Fragen beantwortet hat, als bei einer dieser elendigen Telefonumfragen. Warum gibt's die überhaupt ? Egal. Auch bei Subway lernen die Blagen etwas. Nur diesmal fürs Leben: Geduld, Hartnäckigkeit, Schlagfertigkeit und besonders Ehrgeiz. Wer kann schon der Versuchung widerstehen sein Essen ohne lästige Gegenfrage zu bestellen ? Chuck Norris vielleicht. Aber auch nur bei Vollmond. Wenn das so weitergeht, besteht die Abiturprüfung der Zukunft darin die Fragen während der Bestellung über sich ergehen zu lassen ohne auszurasten, einzuschlafen oder mittendrin einfach abzuhauen. Königsdisziplin wäre dann wie gesagt eine Bestellung ohne Gegenfrage. Wer besteht bekommt zu seinem Sandwich und dem gratis Cookie sein Zeugnis. Verdientermaßen. Wer's nicht packt muss sich wieder hinten anstellen. Oder versucht es bei McDonald's, Burger King, KFC oder beim Bäcker um die Ecke... Ich für meinen Teil muss erst noch das Fastfood-Abitur hinter mich bringen, nachträglich. Allerdings nicht in meiner Heimat, in der ich aufgewachsen bin, sondern in Münster, der Stadt in der ich nun studiere, oder zumindest so tue. Warum das so ist kann ich ihnen auch nicht sagen. Ich befinde mich jedenfalls grade auf dem Weg zur Prüfung. Allerdings ist die Prüfung nicht das größte Problem. Wesentlich problematischer sind die Umstände des heutigen Tages. Es ist Montagmorgen und ich stehe an einem "Bahnhof", der sich im Halbschlaf befindet in der Kreisstadt meines heimatlichen Landkreises und warte auf den Zug der mich in meine neue Heimat fährt. Ohh habe ich tatsächlich Zug gesagt ? Ich meinte eigentlich jenes bahnähnliche Fortbewegungsirgentwas, das eher an einen schnelleren Bus mit mehr personenkapazität erinnert, welches hierzulande besser bekannt ist als NordWest Bahn. Und genau so geht's Mir. Es ist Montag und ich stehe an einem Provinzbahnhöfchen und warte auf einen Möchtegernzug, der sich doch zu allem Überfluss mal wieder dazu erdreistet gut 10 Minuten später zu kommen. Vermutlich weil die Fachkraft die für die Steuerung dieses Gefährtes auserkoren wurde (Zugführer wäre in diesem Zusammenhang mehr als übertrieben) sich erstmal ne handvoll Tabletten gegen die Depressionen einwerfen muss, die sie wegen dieses Jobs bekommt. Überhaupt ist ständig irgendetwas mit dieser NordWest Bahn. Mal ne Verspätung hier. Ne Zugteilung in Bramsche da, die laut mehrfacher Durchsage beachtlich ist oder so. Glaube ich jedenfalls. Ich höre da schon gar nicht mehr hin. Bringt ja eh nichts… Kurz gesagt es ist die Hölle. Eine absolute Qual. Besonders wenn man wenn man die etwas längere Strecke fahren darf. Verflucht seist du, du heimtückischste aller Höllenqualen. Aber man muss der NordWest Bahn immerhin zu Gute halten, dass sie ansonsten ihren Job erfüllt. So nüchtern, wie die Menschen im Norden eben sind. Es dauert halt nur. Und lässt mitunter die Halsschlagader anschwellen. Bei jeder neuen Fahrt hofft man, dass diesmal alles glatt läuft. Dem ist natürlich nicht so. Aber wenn man öfter mit dem Ding fährt gewöhnt man sich irgendwann dran, schraubt seine Erwartungen zurück und lernt entspannt damit umzugehen. Man kann ja eh nichts dagegen tun. Vielleicht ist die NordWest Bahn ja eine Art Religion. Man wird immer wieder enttäuscht, glaubt trotzdem dass es funktioniert und es erfüllt doch irgendwie seinen Zweck. Gott sei mit euch. Oder Buddha. Oder wer auch immer... .

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