Dienstag, 9. Mai 2017

Eines langen Tages Reise in die Nacht

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit Sie noch besser unterhalten werden können, bitte ich Sie sich vorzustellen, dass der nun folgende Text von Torsten Sträter höchst selbst vorgetragen wird. Das macht das Ganze noch lustiger als es eh schon ist. Ganz sicher. Versprochen. Dafür stehe ich mit meinem guten Namen. Nebenbei diese Methode hilft auch beim Schreiben von Texten. Aber das ist jetzt nicht das Thema. Fangen wir an.

Reisetagebuch. Im Zug.

Sonntag. 9 Uhr 48. Stehe am Bahnhof in Holdorf und muss nach Osnabrück. Bin genervt. Ich weiß nicht wovon. Währenddessen braut sich neben mir ein bevorstehendes Unheil zusammen: Eine kleine Gruppe frustrierter Landpomeranzen. Aus dem unerträglichen Geschnatter kann ich folgendes entnehmen: Sie wollen auch nach Osnabrück. Wie ich. Denke: Na das geht ja gut los!

9 Uhr 50. Der Zug kommt. Starte spontan einen Flashmob mit den anderen Wartenden. Keiner macht mit. Singe und performe alleine Hurra Hurra der Zug ist da. Werde verstört angeschaut. Meine Laune bessert sich nicht. Steige ein. Mit an Board: bereits erwähnte Pomeranzen. Stelle fest, dass sie sich inzwischen vermehrt haben. Es stellt sich heraus die Gruppe aus Holdorf ist nur zur Hauptgruppe zugestiegen. Bin beunruhigt.

9 Uhr 55. Habe einen Platz gefunden. Ich setze mich und höre das Gackern der Landfrauen. Gezwungermaßen werde ich zeuge, wie die erste Flasche Sekt geköpft und in Plastikbecher verteilt wird. Sie stoßen an. Prost. Denke: man gönnt sich ja sonst nichts.

10 Uhr. Der Sekt in Plastikbechern war erst der Anfang. Zu dieser doch fortgeschrittenen Stunde wird es Zeit sich an Bier und Cocktails in Flaschen zu erfreuen. Die Stimmung ist heiter. Kein Wunder bei dem Tempo. Die Gruppe stimmt ein Lied an. Ein Prosit der Gemütlichkeit.

Während der Fahrt erfährt der Wagon ungefragt das Ziel der Gruppe. Die Weihnachtsfeier ihrer Innung. Das Abteil wünscht frohe Weihnachten. Eine Trulla der Gruppe nutzt die Gelegenheit und eröffnet - angesäuselt von ihrer abgefüllten Prosecco-Cocktail-was-auch-immer-Plörre, wo sie den gestrigen Abend verbracht hat. In der Disco. Im fortgeschrittenen Alter. Ich weiß genug und versuche mich ab zu lenken. Ich höre Musik und esse eine Banane.

10 Uhr 30. Der Säufertrupp der Landfrauen verlässt den Zug. Jubelstimmung kommt auf. Die übrigen Gäste des Abteils stimmen spontan Jubellieber an. So ein Tag, so wunderschön wie heute… Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen! Und ähnliches. Muss vor Begeisterung spontan grinsen. Schaue mich um. Stelle fest ich bin der einzige, der seine Freude ausdrückt. Setze mich wieder.

11 Uhr. Bin in Osnabrück angekommen. Hauptbahnhof. Habe etwas gegessen. Eine Currywurst und eine Banane. Meine Laune bessert sich zusehends. Hatte wohl Hunger. Oder Stimmungsschwankungen durch Schwangerschaft. Oder Wechseljahren. Wer weiß das schon?

11 Uhr 10. Tausche mich mit Freunden über die Erlebnisse aus. Plädiere mittlerweile für Schwangerschaft. Kann mich aber nicht erinnern von wem… Mache mir Gedanken und habe wieder schlechte Laune. Heute ist nicht mein Tag. Dann die Erkenntnis. Hätte auch schlimmer kommen können. Ich hätte auch morgens um 10 Uhr im Zug sitzen und Sekt trinken können. Aus Plastikbechern.

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